Ironmönch Kulmbach 1999 Peter Schneider

 

Triathlon-Coaching mit PS-Sports.de – Hintergrund

Über all die Jahre war ich immer ansprechbar für alle Sportler und ich habe immer gern und ausführlichst Auskunft gegeben. Material, Training, Aerodynamik, auch Ernährung,  aber immer wieder natürlich Training. Dabei habe ich mir selbst praktisch alles autodidaktisch beigebracht, ein Rückblick:

Kein Trainer, keine Ahnung!

Als ich mit 14 Jahren 1986 mit dem Radsport anfing, hatte ich 3 Probleme: ich hatte kein Geld, kein Auto und keinerlei Ahnung. Dazu wuchs ich in Nordhessen auf, wo es zur nächsten größeren Stadt Kassel 90 km waren. Im Radsportverein, in den ich dann eintrat, waren, kein Wunder, keine wirklichen Rennfahrer vertreten, sondern ausschließlich Radtoursten. Ich erinnere mich an die vermutlich 1. Sitzung, auf der ich war, da wurde mir geraten erst gar nicht mit Rennsport anzufangen, denn das wäre total hart, da müsste man 2-3h am Tag trainieren. Und überhaupt, mein Fahrrad, das wäre überhaupt nichts und nicht konkurrenzfähig.

Ich hatte also keinerlei Unterstützung, aber ich hatte Biss, ich hatte Willen. Viel später bin ich erst darauf gekommen, dass man allein mit Willen nicht an die Spitze, sondern ins Karriereende fährt. Obwohl ich keinerlei Ahnung hatte, wie man überhaupt erfährt, wo Rennen stattfinden, konnte ich telefonisch dann doch einen Termin aus einem Vereinsvertreter herausbekommen und ich stand Ende April 89 bei meinem 1. Radrennen in Niedenstein bei Kassel am Start, Bezirksmeisterschaft, 1. Jahr Junioren, denke ich. Ich bin mir nicht sicher, ob ich noch mit Haken und Riemen gefahren bin, aber selbst wenn ich schon Klickpedale gehabt habe, ich war gleich am Start zurück. Ich glaube ich bin 8. geworden, und damit Letzter von aber immerhin 15 Teilnehmern, bin bei 25 Runden von 1,6km Länge 2mal überrundet worden, man hat mich aber kulanterweise zu Ende fahren lassen und im Gegensatz zu anderen habe ich nicht aufgegeben. Ich erinnere mich, dass ich mangels Ausrüstung im Winter eher gelaufen war, dann aber in den letzten 10 Tagen vorm Rennen 1000km gefahren bin. Von Belastung und Erholung hatte ich sicher noch nichts gehört, man fuhr halt einfach, so lange es irgend ging. Im Tour-Magazin gab es zu jener Zeit über jeweils 12 Monate 2 Serien: Training für Profis und Training für Amateure. Das Training für Profis fand ich super, auch wenn ich später herausfand, dass Jan Gisbers damals die möglicherweise entscheidenden Punkte im Radsport nicht erwähnte. Auch als sein PDM-Team komplett aus der Tour ausstieg, habe ich mir noch nicht wirklich viele Gedanken gemacht, das kam erst viel später.

1989 habe ich dann noch sehr gut trainiert, konnte aber dennoch keine weiteren Rennen bestreiten, denn meine 3 Probleme bestanden nach wie vor. Wobei sich das mit dem Geld erstmal entschärft hatte, hatte ich doch ein Jahr zuvor die folgenschwere Entscheidung getroffen vom Gymnasium nach der 10. Klasse abzugehen und eine Ausbildung zu machen, um mir mit dem verdienten Geld ein neues Fahrrad kaufen zu können – leider kein Witz….

Aerodynamik

1990 und 1991 fuhr ich praktisch kein Rad mehr, nur noch 1000km im Jahr, versuchte in der Zeit recht viel daheim in der Landwirtschaft bzw. bei den Weihnachtsbäumen meines Vaters zu helfen und trank ordentlich Alkohol. Erst durch eine glückliche Begebenheit fuhr ich ab 1992 wieder Rad, dann zunächst nur mit dem Ziel im Jahr mehr Kilometer mit dem Rad als mit dem Auto zu fahren. Irgendwann traf ich dann in Frankfurt an der Nidda jemanden aus einem Frankfurter Radsportverein, der zu mir meinte: „Junge, mit dem Druck musst du Rennen fahren!“

Ab 1994 war ich dann wieder dabei, 1995 fuhr ich dann schon über 20000 km im Jahr, aber trotzdem noch recht ahnungslos im Feld umher. Vermutlich fuhr ich auch nur soviel, weil ich mir durch einen Massensturz beim Rennen in Saulheim eine unglückliche Handverletzung zuzog, mit der ich den Lenker nicht mehr halten konnte. Mein Hausarzt riet mir dann aber dazu, mir einen Triathlonlenker aufs Rad zu schrauben. Den besorgte ich mir dann auch im Baumarkt, fuhr damit los, hielt auf den ersten 3km mehrmals an, weil ich mich extrem unwohl fühlte und schraubte an der Position. Dann stieg ich noch einmal ab, schraubte den Sattel deutlich nach oben und nach vorn, setzte mich drauf und bin 140km in glatt 4h gefahren. Ja klar, in den Rennen war man wesentlich schneller, da ist im Schnitt 40 gefahren worden, aber ein 35er Schnitt über so lange Zeit, allein und ich meine ich wäre auch erst die letzte Stunde über Grundlagenniveau gefahren….so oder so, das habe ich zuvor für völlig unmöglich gehalten. Aerodynamik, Wahnsinn, ich war eine ganze Ecke schlauer!

Taktische Defizite

Nach über 3 Monaten Rennpause fuhr ich dann beim schweren Straßenrennen in Reinheim meine 1. Platzierung ein. Ich attackierte fast bei jeder Runde, wurde vom Feld aber wieder eingefangen. Nach der 4. von 6 Runden über 17km war ich dann fast völlig platt, konnte aber in der 6. Runde das Tempo der entscheidenden Gruppe mitgehen und erreichte im Sprint bergab den 10. Platz. Im Ziel erklärte mir dann jemand aus der Spitzengruppe: „Das läuft hier jedes Jahr so –  5 Runden abwarten und dann attackieren.“

Beim Martini-Cup in Kassel setzte ich mich beim langen Schlussanstieg vom Feld ab und dachte auf der Zielgeraden, ich würde zum Sieg fahren. „Mann, ist das einfach“, dachte ich noch, dabei hatte ich aber nicht mitbekommen, dass sich gleich zu Beginn die entscheidende Gruppe mit 6 Leuten abgesetzt hatte. Dummerweise wurde ich direkt vorm Zielstrich auf wieder flacher werdendem Terrain auch noch von einer ganzen Gruppe überrollt und war somit nur 13.. Aber hey, ich hatte noch Preisgeld gewonnen, 40,-DM, war konditionell einer der Stärksten und konnte jetzt nicht nur mitfahren, sondern auch taktieren und attackieren. 1996 würde mein Jahr werden.

In etwa zu der Zeit kam das Buch „Handbuch Radsport“ von Achim Schmidt auf den Markt, in dem von wesentlich geringeren Umfängen geschrieben wurde als in Wolfram Lindners Standardwerk. „Es gibt jede Menge bedauernswerte Athleten, die mehr als 20000km im Jahr trainieren und trotzdem noch in der C-Klasse rumfahren.“ „Verdammt, da gehöre ich ja auch zu, das muss sich ändern!“

Doch dazu kam es leider nicht mehr. Nach einem beinharten Winter und einem 4-wöchigen Trainingslager auf Mallorca mit auch relativ schlechtem Wetter war ich im Frühjahr 1996 in Topform. Aber 4 Tage vorm bundesweit längsten Straßenrennen für die C-Klasse in Urberach drehte ich einen Horror-Sturz, das sollte alles verändern und auch mein Leitsatz sollte nur noch Makulatur sein: „Man kann keinen Kerl aufhalten, der an sich selbst glaubt!“

Ende des Jahres konnte ich etwas gehandicapt zwar wieder Rennen fahren und auch meine Angst konnte ich durch alternative Trainingsmethoden wie progressive Muskelrelaxation in den Griff bekommen, aber ich war nicht mehr derselbe…

Ich wollte dann auch Sport studieren, doch von der Sporthochschule Köln erhielt ich die Info, dass man die Aufnahmekriterien inzwischen wieder angepasst hätte und meine Fachhochschulreife nicht ausreichen würde. Hätte ich gewusst, dass ich an der „Europäischen Akademie des Rheinland-Pfälzischen Sports“ nur ein Schüler-Bafög und nicht das deutlich höhere Studenten-Bafög erhalten würde, hätte ich sicherlich etwas ganz anderes gemacht und vermutlich Sozialwesen und später Soziologie studiert.

Schlechte Wettkampfplanung

Im Frühjahr 1997 war ich dann körperlich wieder gut drauf, machte aber nach wie vor eklatante Fehler in der Wettkampfplanung, beispielsweise fuhr ich am Samstag in der Nähe von Nürnberg ein Kriterium, war natürlich ohne jede Chance und kam noch nicht mal ins Ziel.  Meine sehr guten Möglichkeiten am nächsten Morgen beim mittelschweren Straßenrennen in Saulheim hatte ich damit zerstört, denn natürlich hatte ich Beine wie Blei und konnte nur im Feld mitrollen. Eine Parole dieser Zeit war „Rennkilometer sammeln“. Dass es für mich als Straßenfahrer kontraproduktiv war, auf sehr eckigen Kursen mit sehr vielen Antritten mitzufahren, das habe ich entweder nicht gewusst oder ich habe nicht weiter nachgedacht.

Wie verheerend sich kurze und daher vermeintlich leichte Belastungen auf anderem Terrain auswirken würden, erfuhr ich dann den Rest des Jahres, denn für die Einstellungsprüfung für die Sportlehrerausbildung in Trier wurden von mir entweder 13,2sec über 100m oder 5m im Weitsprung verlangt. Das war sogar noch etwas höher formuliert als bei der Prüfung in Köln, lag vermutlich daran, dass der Professor 1952 als Sprinter in Helsinki dabei war. Ich meldete mich im Frühjahr also beim Sportabzeichentreff jeden Mittwoch in 7 km Entfernung an, fuhr mit dem Rad hin und zog mir prompt eine Zerrung zu. Leiter hatte man bei der Leitung der Ausbildung nicht wirklich Verständnis dafür, dass man als hochspezialisierter Leistungssportler nicht alles gut kann und auch das Argument, dass 13,2 über 100m und 5m im Weitsprung das Gleiche sind, half mir nicht weiter. Wer die 13,2 nicht rennen kann, der wird auch die 5m kaum schaffen, ganz klar….

Die nächsten Wochen lief ich die 7 km zum Sportabzeichentreff und von da natürlich auch wieder zurück, um meine Muskulatur mehr ans Laufen zu gewöhnen. Eine unorthodoxe Art des Warmmachens. Ich glaube, die älteren Herren aus der Leichtathletik hielten mich nicht nur deshalb für einen hoffnungslosen Fall, denn ich lief nie unter 14sec und den Balken beim Weitsprung traf ich auch nie. Das änderte sich erst nach einer Pressemeldung über den „Twistesee-Jedermanntriathlon“ vom Juli 97.

Und jetzt: Triathlon

Die Saison auf dem Rad konnte ich durch diese Umstände knicken, daher nahm ich spontan am Volkstriathlon am Twistesee teil. Ein Freund rief mir nach 3km auf der Laufstrecke vom Rand zu: „Peter, Du liegst in Führung, es geht um den Sieg.“ Das hatte ich nicht wirklich ernst genommen, denn ich lief ja direkt hinter dem 1., dazu hatte mir mein Freund auch vorher schon eine falsche Info gegeben. Und überhaupt, die Siegerzeit des Vorjahres war so um 1:10h, heute waren wir auf Kurs 1:12h. Ich war also sicher, dass der Sieger aus der 1. Startgruppe kommen würde und ich hier nur noch um den Sieg in der 2. Startgruppe, vielleicht den 7. oder 8. Platz in der Gesamtwertung laufen würde. Ich war dann nur erstaunt, welchen Kampfgeist der Nachwuchsathlet aus dem HTV-Kader auf den letzten 500 Metern entwickelte.

Ich wurde 2. Gesamt, Schade, aber ich hatte einen neuen Streckenrekord auf dem Rad gefahren und beim Schwimmen über 500m ohne Neoprenanzug nur 3min auf die Spitze, die mit Neo schwamm, verloren. Das war ein starker Hinweis, denn ich hatte mit wesentlich mehr Rückstand gerechnet. Meine Ausrede, „ich kann kein Triathlon machen, weil ich das mit dem Schwimmen nicht geregelt bekomme“, sollte fortan nicht mehr gelten. Zur Vollständigkeit: Auf dem Rad montierte ich wohl wieder den Bügel aus dem Baumarkt und bekam vom Händler einen Mavic Pro-Laufradsatz mit „Pariba Evolution“ geliehen.

1997-07-13 Twistesee Jedermanntriathlon

Bei der Aufnahmeprüfung lief ich dann 100m mit geliehenen Spikes in etwa 13,6sec, meine ich. Im 3. Versuch im Weitsprung traf ich den Balken, sprang über 5m, das erste und letzte Mal in meinem Leben.

Im Juli/August hatte ich wieder massive Sitzprobleme, mir wurde erklärt, dass ich nie wieder problemlos Rad fahren könnte und wurde ambulant operiert. Wieder eine Zwangspause auf dem Rad, Anfang August 1997 war die Entscheidung daher gefallen, ich mache Triathlon, natürlich Ironman! Im September lief ich am Edersee einen Marathon auf schwerer Strecke in 3:07h, im Oktober in Frankfurt eine 2:59h, im November noch den Advents-Wald-Marathon in Arolsen in 3:06h.

Im August 1998 stieg ich bei der DM in Kulmbach, dem „Ironmönch“, als 13. vom Rad und rettete als 20. Gesamt immerhin noch eine 9:14h ins Ziel.

Ironmönch Kulmbach 1998 DM Langdistanz

Nach dem Rennen war ich dann auch gesetzt für die Mannschaft in der 2. Bundesliga. Ende September durfte ich im Rahmen einer Studie einen Labortest beim ehemaligen Bundestrainer Jugend/Junioren und einer anerkannten Kapazität auf dem Gebiet machen. Beim Ausgangstest 8 Wochen später erklärte er den Mitarbeiterinnen: „Der Peter hat sein eigenes Pedalsystem dabei, das ist auch richtig, denn er ist einer der besten Radfahrer unter den deutschen Triathleten.“ Mag sein, dass sich damals noch die hohen Radumfänge der Vorjahre auswirkten. Ob ich in den Jahren darauf auf dem Rad stärker oder schwächer geworden bin lässt sich nicht wirklich einwandfrei sagen, dafür habe ich viel zu wenige Labortests gemacht und leider habe ich eine Wattmessung erst ab 2004 am Rad gehabt. Klar war für mich, ich hatte erst ein Jahr richtig geschwommen und gelaufen, war also ein völliger Anfänger, da sollte wesentlich mehr drin sein… Dass es anders gekommen ist, ich gestartet bin wie eine Rakete, dann aber dahingeschwebt wie ein Heißluftballon, kann ich heute selbst kaum glauben, aber insbesondere der Ironman stellte sich als wesentlich komplexer heraus, als ich nach dem 1. Rennen annahm.

Fortbildung

Bei meiner Sportlehrerausbildung erhielt ich in Trainingslehre 14 Punkte, das war auch kein Wunder, denn ich beschäftigte mich rund um die Uhr mit der Materie und konnte schon selbst darüber dozieren. In der Praxis hat man mich etwas abgewertet. Auch kein Wunder, man ließ auch nie 90min beim Fußball spielen, da wären nur mein Freund Thomas und ich noch gelaufen, sondern nur 20 oder 30min.

Nach dem Wechsel zum Triathlon war die Intensität, mit der ich den Sport betrieben habe, eine ganz andere. Als Radrennfahrer fährt man eine Einheit am Tag, aber das bei jedem Wetter. Nicht nur das macht den Sport unglaublich hart, aber danach ist dennoch Ruhe. Beim Triathlon sind die Einheiten nicht so lang, aber man versucht überall noch irgendwo etwas reinzuquetschen. Vom Optimierungsdruck bzgl. der Aerodynamik ganz abgesehen, wobei man auch erst mit den Jahren merkt, wie wichtig das alles ist. Es gibt ständig irgendetwas zu verbessern und es gibt ständig irgendwelche Neuerungen. Ernährung, Trainingsmethodik, dann der immer verzweifelte Versuch mit möglichst wenig Geld möglichst gutes Material zu bekommen. Der reine Trainingsumfang war beim Triathlon also nicht wesentlich höher, aber der Zeitaufwand drumherum war enorm.

In 2000 bezahlte ich 500,-DM und machte eine Trainerlizenz. In erster Line ging es mir nur darum, selbst noch etwas zu lernen, ich war in der Provinz in einem kleinen Verein, eine Trainertätigkeit wollte und konnte ich gar nicht aufnehmen. Diverse Referenten fehlten, da der Lehrgangsleiter Mitglied der technischen Kommission der DTU war und selbst nicht wirklich Ahnung vom Triathlon hatte, ging es hauptsächlich um Regelfragen. Obwohl man sich über mehrere Wochenenden extrem viel mit Regeln befasste, wollte man uns den Kampfrichterschein, den sonst immer alle Trainer bekamen, nicht mehr geben. „Wir haben da eine neue Kampfrichterobfrau, die will was eigenes machen“. Später las ich dann von Kampfrichtermangel…

Dank fehlendem Dozent zum Radfahren durfte ich dann selbst zu dem Komplex referieren. Sehr gut waren eigentlich nur der Besuch bei einem Experten in einem Radladen in Darmstadt und die Stunden beim späteren Bundestrainer, wovon ich auch etwa mitnahm, wie die Kurzdistanzler trainieren. Dazu noch der Sportpsychologe, der war auch Senioren-Europameister und teilte meine Trainingsphilosophie. 900,-DM für den B-Trainer-Schein waren mir dann irgendwie doch zu viel, zumal der Verein nichts dazu bezahlte und ich nach wie vor nicht wirklich viel verdiente.

Gegen den Strom – Veränderungen tun not

Als Sporttherapeut in einer Reha-Klinik verdiente ich wesentlich weniger, konnte aber keine wirklich größere Kompetenz bei den diplomierten Kollegen erkennen. Das Gegenteil war sogar der Fall, z.B. wurde allen Patienten beim Ergometertraining von Ärzten und Diplom-Sportwissenschaftlern empfohlen mit einer Trittfrequenz von 60 U/min zu fahren. Das haben die Patienten dann gemacht, es gab jede Menge bunte Anzeigen auf den Geräten, was dann auch dazu führte, dass manch einer noch mal mehr Watt und öfter auch ein Rennen fuhr. Nach 10min stiegen dann viele vom Rad ab, schweißgebadet und im Irrglauben viel getan zu haben. Dabei ist die Empfehlung 60 U/min überflüssig, denn wenn man den untrainierten Normalbürger auffordert Rad zu fahren, dann wird er immer um 60 U/min mit tendenziell höheren Übersetzungen fahren.

Mit mir lief das anders, ab sofort würden 80, besser 90 U/min mit niedrigem Widerstand angepeilt. Natürlich geht das aufgrund schlechter Motorik nicht bei jedem auf Anhieb, aber solche Sachen kann man trainieren und zwar in jedem Lebensalter. Das Ergebnis war eindeutig, meine Leute fuhren eine halbe Stunde, wer danach Zeit hatte fuhr auch eine Stunde. Ärger war trotzdem vorprogrammiert, denn das Argument „das haben wir schon immer so gemacht“ galt auch hier. Ich denke, man ging damit auch immer den Weg des geringsten Widerstands, der Patient tritt mal 10min in seinem gewohnten Trott, muss sich nicht umstellen, muss, kann und soll auch irgendwie gar nichts dazulernen. Dazu muss man als Therapeut auch keine langen Erklärungen liefern oder gar Überzeugungsarbeit leisten und kann entspannt in die Pause gehen.

Unproblematischer war meine Umstellung beim Walking, bisher 4mal eine 500m-Runde im Kurpark. Danach war meist Mittagspause, was mir die Möglichkeit gab, die eigentlich max. 30min deutlich auszudehnen und gleich zu Beginn mind. 10 Runden als Ziel für alle, spätestens zum Ende der Reha, auszugeben. Es gab dann auch Leute, die fast 20 Runden absolvierten und einigen habe ich dort auch das Laufen beigebracht. „Wer seinen 1. Marathon läuft, der sagt mir dann bitte Bescheid!“ Irgendwann erhielt ich dann tatsächlich eine Mail einer ehemaligen Patientin, die den Marathon gelaufen war.

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Dieses Hinterfragen von althergebrachten Methoden, aber auch von vermeintlich neuen Wundermitteln habe ich nicht abgelegt. Was sollen z.B. diese vielen intensiven Kopplungen Rad-Lauf für den Ironman bringen? Die entscheidenden Punkte, die Glykogenspeicher und die Verfassung der Muskulatur nach dem Radfahren werden von so einem Training überhaupt nicht tangiert. Eventuell kann man damit den 1. Kilometer etwas flüssiger anlaufen. Am grundlegenden Problem, warum sehr viele Leute hintendrauf Gehpausen einlegen müssen, ändert das aber überhaupt nichts.

Überhaupt, wer besser sein will als die anderen, der kann nicht genau das Gleiche machen, der muss irgendetwas anders machen!

Mehr Training = mehr Leistung! Im Normalfall, dennoch gibt es eine Menge Leute, die sehr viel investieren und trotzdem nicht vorwärts kommen. Die Phase der besten körperlichen Leistungsfähigkeit ist begrenzt. Hat man soviel Zeit, um alles durchzuprobieren, um sämtliche Fehler zu machen, die ich alle in meiner Karriere gemacht habe? 

Der Rest meiner Karriere ist schnell erzählt: Ich trat auf der Stelle, setzte die falschen Akzente bei der Wettkampfplanung, hatte sicher auch nicht viel Glück. Irgendwann verlor ich den Fokus auf das Wesentliche, lies mich ablenken, gab nur noch 80%, befasste mich zuviel mit den Abgründen des Sports und verlor dadurch teilweise das Wichtigste: die Motivation und den unbezwingbaren Willen! Dennoch habe ich inzwischen eine möglicherweise einmalige Serie von 18 Jahren in Folge mit mind. 1 Ironman im Ziel aufgestellt. Das war nicht wirklich geplant, das hat sich so ergeben und dass meine Lebensgefährtin seit 2008 eine ähnlich ununterbrochene Serie mit inzwischen 16 Ironman aufgebaut hat, auch nicht.

DatumVeranstaltungOrtSchwimmen1. WechselRad2. WechselLaufGesamtzeitPlatz AKPlatz GesamtBermerkungen
01.:15.08.98IronmönchKulmbach00:55:17in Radzeit04:57:22in Radzeit03:21:229:14:018.20.3. Platz DM Team
02.:14.08.99IronmönchKulmbach00:53:51in Radzeit05:11:38in Radzeit03:34:059:39:347.28.
03.:04.09.99Int. Austria-TriathlonPodersdorf00:57:1204:53:2003:21:309:12:041.4.
04.:09.07.00Ironman EuropeRoth00:55:262:5905:32:372:31DNFAufgabe km 2 Lauf
05.:12.08.00IronmönchKulmbach00:52:31in RadzeitDNFAufgabe km120 (Defekt)
06.:26.08.00Int. Austria-TriathlonPodersdorf01:02:1704:54:1803:57:479:54:233.19.
07.:11.08.01IronmönchKulmbach00:51:39in Radzeit05:12:45in RadzeitDNFAufgabe km 15 Lauf
08.:01.09.01Nuon Holland TriathlonAlmere00:58:0905:13:1103:40:159:51:3538.
09.:07.07.02Ironman AustriaKlagenfurt00:56:152:0304:50:292:4503:27:129:18:4557.
10.:18.08.02Ironman GermanyFrankfurt00:55.212:4904:50.371:3203:35.379:25:5855.
11.:13.07.03Ironman GermanyFrankfurt00:55.342:1805:18.471:1603:33.589:51:56133.
12.:04.07.04ChallengeRoth00:55:001:3805:02:201:5103:53:119:54:01111.
13.:28.08.04Int. Austria-TriathlonPodersdorf00:54:430:5404:35:581:3603:25:228:58:351.6.
14.:10.07.05Ironman GermanyFrankfurt00:56.003:1704:53.111:0803:55.049:48:42135.
15.:23.07.06Ironman GermanyFrankfurt01:02:552:3404:52:121:3603:37:259:36:44
16.:01.07.07Ironman ECFrankfurt00:58.393:0404:51.451:1903:13.579:08:4633.
17.:02.09.07Cologne 226Koeln00:57:3405:45:0203:28:3010:15:3046.
18.:06.07.08Ironman ECFrankfurt00:53.443:0104:56.212:0003:29:519:24:5888.
19.:30.08.0826. UPC Holland TriathlonAlmere00:59:063:2605:06:335:1103:16:439:30:5827.
20.:07.09.08Cologne 226Koeln00:55:214:0005:17:1603:26:069:42:4419.
21.:05.07.09Ironman ECFrankfurt00:54.233:1504:54.002:1003:33.3309:27.2395.
22.:29.08.0927. UPC Holland TriathlonAlmere01:03:084:0903:26:00 (120km)DNF-Aufgabe km 155 (Defekt)
23.:07.09.09Cologne 226Koeln00:55:173:1204:53:582:5403:33:249:28:4425.
24.:04.07.10Ironman ECFrankfurt00:59:053:1804:55:332:2503:33:379:34:0012.68.
25.:28.08.1028. UPC Holland TriathlonAlmere00:56:366:0304:55:225:3503:17:259:20:5912.16.
26.:05.09.10Cologne 226Koeln00:54:293:1604:58:133:5404:20:0210:19:5213.49.
27.:14.05.118. IroncatL'Ampolla00:53:45in Radzeit04:53:28in Radzeit03:53:209:40:337.8.
28.:27.08.1129. UPC Holland TriathlonAlmere01:04:263:0304:52:574:1603:24:279:29:0715.17.
29.:17.09.11Ican TriathlonMallorca00:59:592:1505:05:206:2503:57:5510:11:5218.
30.:12.05.129. IroncatL'Ampolla00:56:25in Radzeit05:04:50in Radzeit03:47:129:48:272.6.
31.:08.09.1230. Holland TriathlonAlmere00:54:002:0004:51:382:2203:24.269:14:242.20.
32.:11.05.1310. IroncatL'Ampolla00:59:54in Radzeit05:04:05in Radzeit04:08:0410:12:037.31.
33.:06.10.135. ChallengeBarcelona01:07:532:1704:56:473:0104:04:3410:14:3438.
34.:10.05.1410. IroncatL'Ampolla00:54:07in Radzeit04:46:43in Radzeit04:01:389:42:274.13.
35.:05.10.141. IronmanBarcelona01:01:072:5204:41:483:0003:35:159:22:0527.142.
36.:16.05.1511. IroncatL'AmpollaAbgesagt wg. Wind
37.:05.09.1528. Int. Austria-TriathlonPodersdorf00:56:182:1505:04:512:4303:37:009:34:077.35.
38.:28.05.1612. IroncatL'Ampolla00:56:21in Radzeit5:04:32in Radzeit04:26:1110:27:0426.48.
39.:03.07.1615. IronmanFrankfurt00:53:3604:275:05:1902:1203:51:589:57:3282.430.
40.:15.10.16IbermanIsla Canela1:03:0805:335:42:59in Radzeit04:33:2111:24:594.33.
41.20.05.1713. IroncatL*Ampolla
42.09.07.1716. IronmanFrankfurt

 

Was man bei den Zeiten erwähnen darf: Die Hawaii-Quali war nie mein Ziel, war mir immer zu teuer. Mit dem Anspruch, nur diese Quali zu schaffen, wären die offiziellen Ironman-Rennen für mich sicher anders verlaufen. Einmal ist die Taktik schon zu Beginn völlig anders, dazu kommt aber der Fakt, dass es irgendwann im Rennen unheimlich hart wird, mal früher, mal später. Wenn man dann keine Bestzeit oder ein anderes festes Ziel im Visier hat, dann kann man einfach nicht mehr so leiden, wie es erforderlich wäre. Ich bin also recht oft nur noch irgendwie ins Ziel gelaufen….

Klar sagen kann man, dass ich heute im fortgeschrittenen Alter und mit wesentlich niedrigeren Umfängen nicht unbedingt langsamer bin. Das liegt u.a. an der Konzentration auf die Langdistanz, die in früheren Jahren nicht wirklich gegeben war. Es liegt aber in erster Linie an meinem Wissen, mit dem ich die nachlassende körperliche Leistungsfähigkeit und die vor allem nachlassende Motivation über Ironman noch gut ausgleichen kann. Die miserablen Laufzeiten der letzten Jahre muss man gesondert betrachten, da ich dank eines Knochenmarködems im rechten Sprunggelenk seit August 2012 nur noch sehr eingeschränkt laufen kann.

32 Ironman im Ziel, Bestzeit 8:58h, 7mal Sieger der Bergwertung beim Waldecker Edersee-Triathlon, von 1999-2006 war ich 6mal bei der Hessischen Meisterschaft über die Mitteldistanz am Start, 5mal lag ich nach dem Radfahren allein oder mit einem anderen Athleten in Führung, 4mal war ich unter den ersten 3 Gesamt, habe leider nie gewonnen. Wäre mehr drin gewesen?

Natürlich, und das sage ich nicht ohne etwas Wehmut: mit einem Coach wie mir heute an meiner Seite wäre alles ganz anders verlaufen!  Ich war oftmals abgebrannt und knapp dran. Aber der Coach hätte sich in meinem Fall allein durch Preisgelder mehr als amortisiert. Allein die Zeitersparnis und die mögliche Konzentration allein aufs Training wären es wert gewesen.

 

Peter Schneider Ironcat L'Ampolla 2014