Anfang September war ich in Podersdorf am Neusiedler See, wollte meine routinemäßige Langdistanz absolvieren:

Anfang September war ich in Podersdorf am Neusiedler See, wollte meine routinemäßige Langdistanz absolvieren:
Ernährung im Trainingslager, ein kritisches Thema. Ich trage noch deutlich zuviel Gewicht mit mir rum und es gibt keinen anderen Weg um abzunehmen als mehr zu trainieren. Abnehmen bei wenig Training macht überhaupt keinen Sinn, da wird höchstens Muskulatur abgebaut. Aber da bin ich sicher kein Einzelfall, dass ich trotz sehr hoher Umfänge kein Gewicht verliere, das liegt aber weniger an den Kaffeepausen als vielmehr am viel zu guten Hotelessen. Ich kann dieses Jahr aber stolz berichten, dass ich zumindest nicht zugenommen habe.
Jedoch ist es so, dass es immer einen mittelfristigen Effekt gibt. Im Trainingslager trainiert man mehr Muskulatur auf und die ist nun mal schwerer. Wenn man dann wieder daheim ist und sich wieder normal ernährt, dann fällt i.d.R. auch nochmal das Gewicht.
Bisher hatte ich recht problemlos durchtrainiert, aber am Donnerstag kam ich etwas angeknockt zurück und sollte das die Tage darauf auch noch merken. Besondere Vorkommnisse: Tony Martin am Mittwoch, der ebenso wie wir recht spät zum Training startete sowie das Roadbike-Festival in Alcudia, wo ich Michelins neuen Topreifen „Power Competition“ sehen konnte.
Zur Trainingsmethodik ist zu sagen, dass es bei oberflächlicher Betrachtung nur darum geht möglichst viele Kilometer zu fahren. Dem ist natürlich nicht so, der aufmerksame Beobachter achtet bei der Strava-Einheit auf die Differenz zwischen Bewegungszeit und verstrichener Zeit. An der Wattmessung könnte man es noch deutlich präziser erkennen, mein Training unterscheidet sich wesentlich von dem, was die meisten Radfahrer auf Mallorca trainieren.
Wer schon lange dabei ist und seine Karriere noch mit Haken und Reimen auf dem Rennrad begonnen hat, der hat unzählige technische Neuerungen mitbekommen. Viele davon waren recht sinnvoll und auch ich möchte das nicht missen. Es gab allerdings auch viele Dinge, die einen möglicherweise mehr vom Ziel abbrachten als das es genützt hätte. Nicht zuletzt fällt mir da das Betriebssystem Windows ein, dass mir unzählige Arbeitsstunden eingebracht hat. In der Hoffnung, dass mir der Windows-PC das irgendwann in Form einer großen Zeitersparnis zurückgibt, bastelt man aber immer weiter. Ob es das wert war?
Zuletzt sah ich ein Video eines Sportwissenschaftlers, der seine Empfehlung zur Leistungsmessung preisgab. Die mobile Leistungsmessung am Rad ist nicht wirklich neu, gibt es seit etwa Beginn der 90er zu kaufen und wurde seitdem von immer mehr Profis benutzt. Leider waren die Geräte nur wahnsinnig teuer, erst seitdem das Patent vom Erfinder SRM ausgelaufen ist, fallen die Preise und es gibt viele neue Systeme.
Die Empfehlung des Kollegen war nun sinngemäß, sich so ein Gerät zu besorgen und ab sofort nur noch mit der Leistungsmessung und ohne Herzfrequenz zu trainieren! Zitat: „Im Falle eines Übertrainings oder Infekts…ist es schwierig sich am Puls zu orientieren.“ Genau dafür hat man den Pulsmesser, könnte man den Artikel abkürzen…..
Auch ich halte die Herzfrequenzmessung nicht für den heiligen Gral und im Endeffekt muss man auch die Frage stellen: Hat sich das Niveau durch die Herzfrequenzmessung verbessert? Zumindest im Laufen kann festgestellt werden, dass das Niveau in Deutschland wesentlich niedriger als vor 30 Jahren ist. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass die Möglichkeit der Ablenkungen heute einfach viel größer sind als in den 80ern oder noch früher. Damals gab es sonst nicht viel, dementsprechend kam auch seltener die Frage auf, ob man die Zeit nicht sinnvoller verbringen könnte als 6h lang zu radeln, danach zu essen und platt auf dem Sofa zu liegen.
Aber zurück zur Leistung, die wird nun also direkt am Rad gemessen und aufgezeichnet. Eine wunderbare Sache, aber nur wenn man gut mit Zahlen umgehen kann. Nicht zuletzt darauf baut auch mein demnächst beginnendes online-coaching auf, denn ich kann sehr gut mit Zahlen umgehen. Diese Begabung sagt mir aber auch: zusätzliche Sachen, zusätzliche Daten können einen ablenken, aber es spricht überhaupt nichts dagegen alles aufzuzeichnen, was machbar ist: Je mehr Daten, desto besser! Als Sporttherapeut in der Reha-Klinik habe ich Normalverbrauchern dennoch empfohlen, alle Werte außer Puls und Trittfrequenz am Fahrradergometer zu ignorieren. Diese beiden Werte beachtet, dann hat es gepasst mit der inneren Belastung, ob dabei 30,50 oder 70 Watt gefahren wurden, war in dem Moment egal, hätte aber zur Kontrolle der Trainingsfortschritte notiert werden können.
Die Leistung misst die äußere Belastung, die Herzfrequenz die innere Belastung, die Beanspruchung des Körpers. Und die kann sich bei gleichbleibender Leistung entscheidend erhöhen, oder, andersrum ausgedrückt, die Leistung kann bei gleichbleibender Beanspruchung deutlich fallen.
Deutlich nachlassende Leistung bei sogar zunehmender Beanspruchung, das kommt immer wieder mal vor und die Gründe dafür sind vielfältig:
Wie hätte man in dem Fall verfahren sollen, ohne Pulmessung? Etwa die 200 Watt weiter treten? Sorry, war nicht möglich. Von vornherein nur 180 Watt vorgeben? Dann wäre ich deutlich untertourig losgefahren. Halb so lang fahren und dafür die Regeneration früher einleiten? Vielleicht, aber wer immer nur die Hälfte fährt bewegt sich nicht an der Grenze und kann dementsprechend nicht konkurrenzfähig sein. Möglicherweise hätte mich ein Liter Iso unterwegs auch weiter gebracht, der Glykogenmangel wäre später aufgetreten, die Leistung nicht so abgefallen und der Puls möglicherweise auch niedriger gewesen (aufgrund der besseren Hydratation). Vermutlich wäre der Puls aber noch höher gewesen. Vielleicht war ich auch zu Beginn schon platt, wobei so etwas in einer präzisen Trainingsdokumentation vermerkt sein sollte. Eventuell spielte auch der Nebel eine Rolle, da gibt es viele Möglichkeiten. Mit Pulsmessung kann ich spekulieren. ohne Pulsmessung kann ich nur spekulieren, ob denn der Puls hoch, tief oder normal war.
Seit 2004 trainiere ich mit Leistungsmessung und das war in meinem Training ein riesiger Schritt und hat mir jede Menge „leere Kilometer“ erspart. Dennoch, sinnvoller ist es, neben der tatsächlichen Belastung auch die Beanspruchung zu messen, das gilt insbesondere für Ironman-Wettkämpfe.
Ein sportlich recht bescheidenes Jahr ist vorbei. So wenig trainiert wie seit über 20 Jahren nicht mehr, im Dezember habe ich mich aber noch zusammengerissen und wenigstens noch die 10000km zugefahren. Man kann das etwas über andere Sportarten ausgleichen, gerade bei Zeitnot oder wenn man keine Ruhe zum Radfahren hat bietet sich Laufen an, wobei sich die Synergieeffekte durchs Laufen in Grenzen halten. Nach einem Sportunfall 2012 bin ich bis jetzt aber kaum noch ins Laufen gekommen und wesentlich verletzungsanfälliger als früher.
Dass ich dennoch im Ernstfall beim Ironman hintendrauf noch besser laufe als viele, die wesentlich mehr im Laufen trainieren, hängt einmal mit vielen Jahren hart am Wahnsinn, also hohen Stundenumfängen und dementsprechenden Anpassungen, zusammen, auf der anderen Seite aber mit den relativ hohen Radumfängen, die ich nach wie vor kurzfristig realisieren kann. Im Dezember habe ich knapp 65h trainiert, das ist nicht extrem viel, aber auch nicht wenig. Zumindest hat es gereicht, um das Niveau im Schwimmen und Laufen zu stabilisieren, obwohl ich im November und Dezember insgesamt nur 11km gelaufen und zuletzt am 27. November geschwommen bin.
Wichtig bei solchen Vergleichen sind Standards, in diesem Beispiel sind z.B. 1000er-Intervalle, die man nicht direkt mit 500ern vergleichen kann. Das Resultat ist dennoch eindeutig und durch 2 weitere Schwimmeinheiten bestätigt worden: ich schwimme nicht wirklich langsamer als vor der Pause. Beim Laufen ist genau das Gleiche passiert, was mich nicht verwundert. Zwar trainiert man mit dem Radfahren nicht die sportartspezifische Muskulatur, aber man merkt in allen Disziplinen, dass man bei gegebener Geschwindigkeit einen Tick ruhiger atmet. Das ist auch der Grund, warum langjährige Radrennfahrer innerhalb recht kurzer Zeit sofort auf Ironman und in den Bereich 9h über Ironman gehen können. Das Problem sind Bänder, Sehen und Gelenke und nicht zuletzt die Muskulatur, die sich erst an die Umstellung gewöhnen müssen.
Peter Schneider
39-facher Ironman und seit 22 Jahren ununterbrochen bei mind. 1 Ironman pro Jahr im Ziel, 7-facher Sieger Bergwertung Waldecker Edersee-Triathlon, mehrfacher Hessischer Meister Mitteldistanz AK
Bestzeit Ironman 8:58:35h
staatl. gepr. Sportlehrer (mit Schwerpunkt Verwaltung und Freizeit) an der Europäischen Akademie des Rheinland-Pfälzischen Sports
1990, 2014, 2019 DLRG Silber
2000 C-Trainer Triathlon
2014 Aqua-Fitnesstrainer B-Lizenz
sportlicher Werdegang:
Fußball 1982-1985
Tischtennis 1983-1987
Radrennsport 1986-1997 (davon Straßenrennen 1989 und von 1994-1997(C-Klasse))
1. Volkstriathlon 1992
1. Marathon 1993 (3:14h)
ab 1998 Triathlon
Bestzeiten:
3,8km Schwimmen im Ironman: 51:39min
10km 34:10min
Halbmarathon: 1:17:17h
Marathon: 2:53h
Ironman 8:58:35h